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Im Jahr 2014 hat die IHO durch Beauftragung eines renommierten Gutachterbüros den Nachweis erbracht, dass in unmittelbarer Nachbarschaft rund um das projektierte Vorhaben „Windpark Markgrafenwald“nicht nur mehrere Revier-Brutpaare des Scharzstorches vorkommen, sondern zudem viele weitere Brutreviere windkraftrelevanter Greifvogelarten. Aktuell wurden Gutachten und begleitende Rechtsanwaltschreiben an die Naturschutzbehörden und Naturschutzverbände geleitet, um ins artenschutzrechtliche Genehmigungungsverfahren einzufließen. Nach wie vor ist zudem die Problematik mit fünfzehn Fledermausarten im Planungsgebiet nicht zu unterschätzen.
Durch die gutachterlichen Belege wurden die älteren Einträge unter diesem Menüpunkt mittlerweile noch weit übertroffen: Wo man sich zur Zeit, als der nachfolgende Beitrag verfasst wurde, noch vorsichtig ausdrücken wollte (siehe nachfolgender Beitrag), ist das projektierte Gelände mittlerweile zweifellos als Biodiversitäts-Hotspot mehrerer windkraftsensibler Anhang-1-Arten der europäischen Vogelschutzrichtlinie nachgewiesen. Weitere Informationen dazu folgen, siehe dazu auch Menüpunkt „Aktuelles“.
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Wenn eine Windpark-Planung wie die im Markgrafenwald mit derzeit zwölf 200 m hohen Windkraftanlagen nicht davor Halt macht, dass in diesem Waldgebiet allein 15 Fledermausarten heimisch sind und seit einigen Jahren auch der streng geschützte Schwarzstorch nachweislich seltenen Lebensraum, ein Nahrungshabitat und einen bedeutenden Zugkorridor nutzt, dann müsste in unseren Zeiten massiven Artensterbens aufgrund immer weiter fortschreitender Lebensraumzerstörung ein Aufschrei der Empörung durch die Reihen „grün“ denkender Naturschützer gehen.
Der Markgrafenwald und das benachbarte Waldgebiet Augstel, letzteres übrigens als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen, bieten offensichtlich durch ihre Lage zwischen zwei naturnahen Bachtälern und durch die relative Unberührtheit des Waldökosystems auf dem Bergrücken eine wertvolle ökologische Nische. Auch der seltene und stark geschützte Schwarzstorch nutzt sie. Um einen Horst – also das relativ große Nest des Schwarzstorchs – ist aus gutem Grund ein Abstand von drei Kilometer zur nächsten Windkraftanlage gesetzlich vorgeschrieben. Ein Horst ist schwer auffindbar, doch das Planungsgebiet ist als Lebensraum, Ruhestätte und Nahrungshabitat für den Schwarzstorch belegt und gesichert. Die Anzeichen dafür sind eindeutig und durch eine im Oktober 2013 vorgelegte Dokumentation der lokalen Schwarzstorch-Vorkommen belegt, die aufgrund zahlreicher Sichtungsnachweise vom Regionalkoordinator Neckar-Odenwald-Kreis der Ornithologischen Gesellschaft Baden-Württemberg (OGBW) gewissenhaft zusammengestellt wurde. Seither gingen weitere, von Augenzeugen schriftlich bestätigte Rückmeldungen über Schwarzstorch-Sichtungen im Verlauf der Spätsommerwochen bei uns ein, die das Höllbachtal als auch die angrenzende Mudauer Gemarkung betreffen, auch Überflüge über den Markgrafenwald sind belegt.
Bereits im Jahr 2012 beschrieb der NABU Eberbach den Bereich Augstel, also die nordwestliche Fortführung des „Markgrafenwaldes“ auf Eberbacher Gemarkung wie folgt: „Augstel und das angrenzende Tal des Reisenbachs gehören zum Brut- und Nahrungsrevier eines Schwarzstorchpaares. … Erst in den letzten 10 Jahren kam es durch verstärkte Schutzmaßnahmen zu einer Besiedlung einiger Mittelgebirge Süddeutschlands. … Der Schwarzstorch benötigt für seine Ansiedlung störungsarme Waldgebiete mit alten Bäumen zur Horstanlage. Daneben sind naturnahe, ungestörte Gewässer (Bachläufe, Tümpel) zur Nahrungssuche notwendig. Im Odenwald werden die letzten fünf Jahre einzelne Schwarzstörche zur Brutzeit beobachtet. Bedingt durch die Heimlichkeit und Störanfälligkeit ist von einer intensiven Horstsuche zur Brutzeit abzusehen. … Einen indirekten Brutnachweis stellen aber die Beobachtung von Balzflügen im Augstel im Frühjahr 2012 und die regelmäßige Beobachtung der Vögel bei der Nahrungssuche im Reisenbachtal im Sommer 2012 dar.“ (Nicht nachvollziehbar ist aus unserer Sicht, warum vom NABU Ortsverband Waldbrunn bis heute, Stand 25.11.2013, noch keine Stellungnahme zum Schwarzstorchvorkommen im Bereich des Markgrafenwaldes und der angrenzenden Bachtäler öffentlich bekannt wurde; vom örtlichen Repräsentanten des Naturschutzverbands sollte hier eine transparente, fundierte Darlegung erfolgen, die vor Ort aber offenkundig stattdessen von der IHO erfolgen muss.)
Erst einmal „verscheuchte“ Tiere weichen nicht einfach ins nächste Waldstück aus. Ein Verlust an Brut- und Nahrungshabitaten und die Scheuchwirkung durch Lärm und Rotorenbetrieb, letztlich natürlich auch die Kollision mit Todesfolge, sorgen für ein schnelles Ende der Populationsbildung. Das Bundesnaturschutzgesetz beschreibt unter Kapitel 5 – Schutz der wild lebenden Tier- und Pflanzenarten, ihrer Lebensstätten und Biotope (§§ 37 – 55), hier § 44, Abs. 3, wie folgt: „Es ist verboten, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören.“ Ein „Ausweichen“ von Tieren mit spezifischen Fortpflanzungsstätten, ohne dass andernorts geeignete Habitatbedingungen neu geschaffen oder optimiert werden, sei i. d. R. nicht möglich. Im Allgemeinen werde dies schon dadurch offenkundig, dass anderweitige Flächen nicht bereits besiedelt wurden. Quelle: Umweltministerium Baden-Württemberg (Folie 28)
Schwarzstorch im Reisenbacher Grund, Aufnahme: K. Ried-Ziegler, Mai 2013 – Vielversprechendes Schwarzstorcherwartungsland rund um den Markgrafenwald oder Subventionen für den Artenschwund?
An dieser Stelle wurde fürs Erste nur auf den Schwarzstorch eingegangen; unsere artenschutzrechtlichen Bedenken bzgl. der Windparkplanungen betreffen selbstverständlich auch andere stark bedrohte, „windkraftrelevante“ Vögel, bspw. den vor Ort ebenfalls (noch!) präsenten Rotmilan, den Kolkraben u.a.m. sowie die generell unter Schutz stehenden Fledermausarten, denen vor allem das Barotrauma mit inneren Blutungen, ausgelöst durch abrupten Umgebungsdruck an den rasenden Rotoren, zum Verhängnis wird. Vorab sei hier auf ein Expertenpapier der „BAG Fledermausschutz“ verwiesen, das pauschalisierte Abschaltalgorithmen ohne eingehendes Monitoring ablehnt (S. 3) und im Fazit u.a. fordert, „dass Windenergieplanung in Gebieten mit hoher Fledermausaktivität und insbesondere im Wald nur dann erfolgen kann, wenn keine naturschutzfachlich unbedenklichen Offenlandstandorte mehr zur Verfügung stehen.“
Unserer Einschätzung nach ginge eine Vervielfachung der Windkraft auch in den waldreichen Mittelgebirgen unausweichlich mit einer Artenschutzkrise einher, die bislang weder kalkulierbar noch kontrollierbar ist. „Die biologische Vielfalt ist das vielleicht wichtigste Gut unseres Planeten. Sie umfasst die Bandbreite an Ökosystemen und Lebensräumen, die Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten sowie die genetische Vielfalt innerhalb der verschiedenen Arten“, schreibt der WWF. Die Rote Liste zeigt für Deutschland den dramatischen Rückgang der biologischen Vielfalt an: 36 Prozent der einheimischen Tierarten seien bedroht, 3 Prozent ausgestorben oder verschollen; über 70 Prozent der Lebensräume werden als „gefährdet“ eingestuft. „Deutschland erreicht mit diesen Gefährdungsraten mit die höchsten Werte in Europa. Unsere Landschaften sind kulturell und technologisch extrem überformt. Sie bieten nur noch vereinzelt und auf kleinen Flächen ein reichhaltiges Naturerbe.“
Dieser Status ist und bleibt alarmierend – und es wäre eine Schande für die heutige Generation, würde man nicht gerade auch vor der eigenen Haustür alles unternehmen, um diese schreckliche Entwicklung hier und jetzt umzukehren! „Ich habe es nicht gewusst“, lautet der Titel eines zeitkritischen Buches; und was werden Sie einst ihren Enkeln und Kindern antworten? Haben Sie es gewusst?
Ein Windpark Markgrafenwald unterwandert die Biodiversität; er steht für Lebensraumzerstörung, Artensterben, Ignoranz angesichts eines der gravierendsten Probleme unserer Zeit. Man lässt sich offenbar „ruhig stellen“ mit fragwürdigen, nicht nachweisbar zielführenden „Abschaltalgorithmen“, deren Installation wenigstens ein eindeutiges Monitoring über Flugverhalten von Fledermäusen und Vögeln voraussetzen müsste, doch selbst das wird zugunsten einer subventionsgetrieben übereilten Planung sträflich vernachlässigt. Zudem kaschiert ein scheinbar funktionierendes System der Eingriffsregelung, verknüpft mit Ökokonten und Ausgleichszahlungen, das Problem der Lebensraumzerstörung, denn wie das Beispiel Schwarzstorch zeigt, ist es nicht ohne Weiteres möglich, ähnliche Habitatbedingungen einfach andernorts zu schaffen.
Die Energiewende wäre ein hehres Ziel; die Art und Weise, wie man ihre Umsetzung gegenwärtig vorsieht, kann sich dagegen verheerend für Landschaft, Natur und Mensch auswirken. Die Aussicht aufs schnelle Geld und eine fragwürdige Imagekommunikation, die Klimawandel und Energiewende instrumentalisiert, um neue kapitalistische Strukturen zu sichern, beschränken den Blick auf andere wesentliche Themen unserer Zeit. Wer Klimaschutz betreiben will, aber die Augen vor Natur- und Artenschutz verschließt, handelt im Sinne einer nachhaltigen, also zukunftsfähigen Entwicklung politisch nicht akzeptabel.
Dabei muss man sich klar darüber sein, dass es eben nicht nur um den ein oder anderen Standort für die Windenergie geht, wie es lokal manchmal den Anschein hat, sondern dass wir geradewegs dabei sind, die naturnahen Rückzugsräume für Biodiversität flächendeckend zu vernichten. Das kann nicht ohne Auswirkungen für die ökologische Entwicklung bleiben. In windschwachen Gebieten, wie dies für die meisten deutschen Mittelgebirge zutrifft, bedeutet die derzeitige Planung der Windenergie an etlichen naturnahen Standorten – neben Flächenverbrauch und Landschaftszerschneidung – einen weiteren Todesstoß für die Artenvielfalt.
Daher: Windkraft: nur da, wo sie hinpasst, am besten gar nicht im Wald. Kein Windpark im Markgrafenwald!
Impression aus dem Markgrafenwald, Aufnahme: September 2013 – Industrialisierung eines landschaftlichen Kleinods?
PS: Während Sie diese Absätze gelesen haben, ist rein statistisch eine weitere Art ausgestorben. Hauptursache: Lebensraumzerstörung.
Autor: Michael Hahl M.A., Geograph, verfasst etwa 2014