„Unterhalb des Friedens mit der Natur gibt es kein ‚ethisches Minimum‘„, schrieb der Naturphilosoph Meyer-Abich vor dreißig Jahren. Es sei nicht damit getan, die „Gewichte etwas zu verlagern, sondern Frieden mit der Natur muss selbst zu einem neuen Angelpunkt jeglicher Politik gemacht werden, in der Entscheidungen hinsichtlich des menschlichen Verhaltens zur natürlichen Mitwelt getroffen werden“ (aus: K. M. Meyer-Abich, 1984, Wege zum Frieden mit der Natur, Carl-Hanser-Verlag München). Doch wo stehen wir heute auf diesem Weg? Während scheinbar „grünes“ Denken in einer Klima- und Energiepolitik kulminiert, die nur wieder weitere Zerstückelungen und Zerstörungen von Ökosystemen bewirkt, steht es um Natur- und Landschaftsschutz schlecht: Biodiversität, Wald und Offenland, Boden und Gewässer, Flüsse und Meere, Flächenverbrauch und Freiraumzerschneidung, intensivierte Land- und Forstwirtschaft … – kein positiver Trend in Sicht! Weltweit nicht und auch keineswegs bei uns. Ein Beispiel zu unseren europäischen Schutzgebieten: „Insgesamt ist bei 28 % der Lebensraumtypen der von der EU geforderte günstige Erhaltungszustand erreicht, 39 % zeigen einen unzureichenden und 31 % einen schlechten Erhaltungszustand„, bilanziert das Bundesamt für Naturschutz (aus: BfN, 2014, Die Lage der Natur in Deutschland. Ergebnisse von EU-Vogelschutz- und FFH-Bericht). Nicht besser sieht es aus in unseren „Naturparken“ oder in den „Landschaftsschutzgebieten“ – und wie erst in den gar nicht unter Schutz gestellten Naturräumen, Wäldern, Auen und Feldern?
Kamen wir weiter auf dem Weg zum Frieden mit der Natur? Kommen wir heute voran, wenn wir im Namen eines angeblich „ökologischen“ Windenergieausbaus, der nur einen „grünen“ Aufguss des Raubbaus an der Natur darstellt, immerzu weiter Natur- und Landschaftsverbrauch erzeugen? – Nein, machen wir uns nichts vor, es ist der falsche Weg! Frieden mit der Natur muss in der Tat zum neuen Angelpunkt zukunftsfähiger Politik werden! „Wenn wir untereinander keinen Frieden haben können, werden wir auch keinen Frieden mit der Natur finden“, schrieb Jane Goodall. Gehen wir es andersherum an: Wenn wir keinen Frieden mit der Natur finden, mit unserer Mitwelt, so pflegen wir Menschen keinen untereinander. – In diesem Sinne wünscht Ihnen die „Initiative Hoher Odenwald e.V. Gemeinnütziger Verein für Landschaftsschutz und Erhalt der Artenvielfalt“ eine besinnliche, friedvolle und naturverbundene Weihnachtszeit – und ein glückliches Jahr 2016, in dem die Hoffnung auf Frieden mit der Natur zum Quell Ihrer Kraft, Ihres Handelns und Ihrer Zuversicht werde.
Foto: Motiv aus dem „Markgrafenwald“ zwischen Reisenbach, Itter und Höllbach. – Sie möchten den Text als pdf lesen: Friedvolle Weihnachtszeit IHO1215