Ein aktueller Schwerpunkt der Umwelt- und Naturschutzarbeit der IHO ist weiterhin der „Markgrafenwald-Bergrücken“ zwischen drei FFH-Fließgewässern.
Dabei handelt es sich um einen exponierten, über 500 m ü. NN sich empor hebenden Höhenzug im südlichen Odenwald, in unmittelbarer Nähe des Katzenbuckels, dem höchsten Berg des badisch-hessisch-bayerischen Mittelgebirges. Der Bergrücken ist an seinen Flanken von mehreren Taleinschnitten umgeben, die allesamt von FFH-geschützten Fließgewässern durchflossen werden: dem Reisenbach an der Nord- und Westflanke, dem Höllbach im Süden und etwas weiter im Westen und Südwesten von der Itter.
Der Bergrücken selbst ist bislang dicht bewaldet, wird forstwirtschaftlich genutzt, stellt dabei allerdings aufgrund seiner ausgeprägten Waldflächen ohne Siedlungseinschnitten und Straßen sowie aufgrund seines Reliefs, teils mit sehr steilen Berghängen zu den rund 300 Meter tiefer liegenden Bachtälern, ein erstaunliches Refugium für zahlreiche streng geschützte Arten dar, unter anderem Schwarzstorch, Wespenbussard, Rot- und Schwarzmilan usw. sowie etliche Fledermausarten usw.
Dieser Bergrücken ist geoökologisch aus Sicht mehrerer Naturschutz- und Umweltverbände gänzlich ungeeignet als Standort für den Ausbau der Windenergie. Bereits in den Jahren 2014 und 2016 konnte die IHO deutlich aufzeigen, dass es sich um ein herausragendes Gebiet unter anderem für eine sehr bedeutsame regionale („lokale“) Schwarzstorch-Population handelt. Gutachterliche und umweltjuristische Stellungnahme sowie Raumnutzungsanalysen haben längst deutlich gemacht, dass an einen „naturverträglichen“ Ausbau der Windenergie in diesem Gebiet nicht zu denken ist. Dennoch sollen nach aktuellen Planungen sieben über 200 Meter hohe Windenergieanlagen auf dem Höhenzug zwischen den drei FFH-Fließgewässern entstehen.
Es wirft ein düsteres Licht auf die Vorgehensweise im Rahmen der „Energiewende“, dass selbst vor einem solchen Naturrefugium innerhalb des waldreichen Mittelgebirges Odenwald nicht Halt gemacht werden soll. Die Umweltvereinigung schützt gemäß ihrer Vereinssatzung und Anerkennung als Umweltvereinigung dieses besondere Gebiet. Solcherart Windenergie-Vorhaben müssen derzeit als besonders hartnäckige Bedrohungen bislang geschützter Naturräume angesehen werden, weshalb sich gegenwärtig für viele Umwelt- und Naturschutzvereinigungen -. neben vielen anderen Aufgaben – eine Schwerpunktsetzung auf dem Feld des nicht naturverträglichen Windkraftausbaus gemäß ihrer Satzungsverpflichtungen ergeben muss.
Weitere regionale Windenergie-Verfahren, die von der IHO begleitet werden, betreffen unter anderem den Stillfüssel bei Wald-Michelbach, den Kornberg bei Hardheim oder das Greiner Eck bei Neckaresteinach; zudem tritt die IHO auch als Klägerin in anderen Regionen auf, so etwa aktuell in Nordhessen. Artenschutz-Projekte der IHO betreffen insbesondere die Schwarzstorch-Population im Raum Odenwald und seinen Nachbargebieten (seit 2014). Stellungnahmen zu FFH-Managementplänen und verschiedenen Natur- und Landschaftschutz-bezogenen Planungen ergänzen dieses Bild. Umweltschutz und umweltmedizinische Bewertungen, unter anderem Schallimmissionen betreffend, stellen ein weiteres wichtiges Aufgabenfeld der Umweltvereinigung IHO dar.
Autor: Michael Hahl M.A., Geograph, September 2023
Bilder vom Markgrafenwald-Bergrücken zwischen drei FFH-Fließgewässern und essenziellen Nahrungshabitaten unter anderem für den bedeutenden Süd-Odenwälder Schwarzstorch-Bestand – Fotoautoren: Dieter Theissen (oben), M. Hahl (unten)
Nachfolgend lesen Sie drei frühe Textbausteine aus der Arbeit der IHO. Aktuelle Erläuterugen finden Sie stets im Menüpunkt „Aktuelles (Weblog)“.
Landschaftsbild, Wald, Tourismus …
Hinweis: Aktuelle Beiträge finden Sie auf der Startseite bzw. im „Weblog“. Die Textpassagen unter den einzelnen Menüpunkten können wir dagegen nicht permanent auf einem aktuellen Stand halten. Dies würde zu viel Arbeitszeit im ohnehin sehr aufwändigen Bürgerengagement beanspruchen, zumal die politischen und gesellschaftichen Entwicklungen rasant voranschreiten. Schauen Sie daher auf der Startseite immer auch unter „Aktuelles“ im „Weblog“.
Wichtig: Im nachfolgenden Text-Baustein aus dem Jahr 2014 entsprechen nicht mehr alle Angaben dem aktuellen Planungsstand (2023). An den grundsätzlichen Angaben in diesen Ausführungen hat sich gleichwohl nichts geändert.
Auf dem „Markgrafenwald-Bergrücken“ zwischen den FFH-Fließgewässern Reisenbach, Höllbach und Itter, wo bislang ein naturnaher Lebensraum gegeben war – zwar forstwirtschaftlich genutzt, doch allein schon durch seine biogeographische Lage wertvolles Rückzugsgebiet unter anderem für viele, teils strneg geschützte Vogel- und Fledermausarten -, soll eine Windenergie-Industrialisierung mit großtechnischen, über 200 Meter hohen Anlagen entstehen.
Grundsätzlich ist die Erhaltung der Schönheit und Eigenart von Landschaften in Naturpark-Verordnungen sowie im Naturschutzgesetz juristisch festgelegt. „Mit § 1 Nr. 4 BNatSchG wird die optisch-ästhetische Zielsetzung des Naturschutzes herausgestellt. Die Begriffe Vielfalt, Eigenart und Schönheit werden im Naturschutzrecht vor allem zur Charakterisierung des Landschaftsbildes verwendet.“ Quelle: naturschutzrecht-online.de.
Man kann daher nur erstaunt den Kopf darüber schütteln, wie sich die aktuelle Ausrichtung einer – bezogen auf den Landschafts- und Naturschutz völlig missratenen – Energiewende gegen die in über 50 Jahren gewachsenen landschafts- und naturschutzfachlichen Ideale und Gesetze wendet. Erkennt man den Natur- und Landschaftsschutz als einen wesentlichen und zukunftsweisenden Wertewandel der letzten Jahrzehnte, so scheint heute „die Revolution ihre eigenen Kinder zu fressen“: Voreilig und einseitig entwickelte „Klimaschutzmaßnahmen“ sind gerade dabei, den mühsam erkämpften ökologischen Wert unserer Lebensräume und Landschaften ad absurdum zu führen.
Kulturlandschaften haben sich immer verändert, das ist keine Frage; die gegenwärtige energiepolitische Technisierung und Industrialisierung der wertvollen ländlichen Naturräume trifft jedoch das landschaftspsychologisch belegbare Bedürfnis des Menschen – auch der nachfolgenden Generationen – nach stillen, naturnahen Erholungsräumen am wundesten Punkt: Gerade die waldreichen Mittelgebirge, die Refugien und Ausgleichsräume im Kontext anhaltender Verstädterung, die letztlich das Kapital der ländlichen Regionen darstellen, sollen gegenwärtig in Windeseile einer kurzsichtigen energiepolitischen Fehlentwicklung geopfert werden und drohen im Sumpf kapitalistischer Subventionspolitik irreparable Schäden zu nehmen. Wer es ernst meint mit dem Schutz der Ressourcen Landschaft und Natur, der kann das nicht hinnehmen.
Lesen Sie hierzu auch das Gutachten Windkraft und Landschaft. Zur landschaftsästhetischen Problematik des geplanten Windparks Markgrafenwald im Odenwald von Univ.-Prof. Dr. Jürgen Hasse.
Mitten im „Markgrafenwald“ – Zukünftig Wandern und Radfahren im Umfeld von 200 Meter hohen Windkraftanlagen? (Aufnahme: September 2013)
Eigentlich ist das Wissen über den Wert und die Bedeutung naturnaher Landschaften längst „angekommen“, sollte man jedenfalls meinen. Einerseits spricht das Naturschutzgesetz eine klare Sprache, auch wenn in den aktuellen energiepolitischen Debatten etliche Grundwerte offenbar zu „Gummiparagraphen“ zu verkommen drohen. Andererseits arbeitet man seit vielen Jahren in der Tourismusbranche ländlicher Regionen mit empirisch ermitteltem Knowhow aus der Landschaftspsychologie, so fließt beispielsweise der „Erlebniswert“ nicht-technisierter, naturnaher Landstriche maßgeblich in die Zertifizierung von Wanderwegen mit ein. Die Prognose tourismuswirtschaftlicher Einbrüche in denjenigen ländlich geprägten Teilräumen, die stark von Windparks betroffen wären, kann man aus Studien zweifellos herauslesen. Gutachten, die das Gegenteil behaupten wollen, widersprechen dem Grundwissen, mit dem man in der Tourismus- und Wanderplanung seit den 1990er Jahren arbeitet; wer eine Industrialisierung naturnaher Landschaften als neutralen Tourismusfaktor einstufen will, widerspricht dem Konsens aus über zwanzig Jahren (Anm.: mittlerweile aus dreißig Jahren, Stand 2023) empirischer Forschung und bewegt sich wohl eher auf Windkraft-lobbyistischem, nicht aber auf sozialwissenschaftlichem oder wandertouristischem Boden.
Unter dem Titel „Akzeptanz von Windenergieanlagen in deutschen Mittelgebirgen“ erschien eine Studie des an die Uni Passau angekoppelten Centrums für marktorientierte Tourismusforschung „CenTouris“. Der Untersuchungszeitraum war Ende 2012, eine Zeit also, in der die Auswirkungen auf Landschaftsbild und Naturraum noch nicht einmal annähernd vor Augen geführt wurden. Zentrale Erkenntnisse der Studie: Nur 21 % der Befragten begrüßen Windenergieanlagen in deutschen Mittelgebirgen und eine besonders geringe Akzeptanz gibt es in Urlaubsregionen. 26 % der Befragten sehen Windkraftanlagen an Aussichtspunkten und an Wander- und Radwegen als Grund, in dieser Region keinen Urlaub zu machen. Sogar 15 % der grundsätzlichen Windkraft-Befürworter teilen diese Ansicht. – Demnach sollte man sich auch tourismuswirtschaftlich eingehend mit der Frage auseinandersetzen: Bricht in vielen Kommunen der ländlichen Regionen bald ein gutes Viertel der jährlichen Touristen weg? Und verlieren somit vor allem diejenigen Betriebe mit direkter Aussicht und Schallauswirkung?
Weiter gedacht: Man muss davon ausgehen, dass genau diejenigen Regionen einen Tourismusanstieg verzeichnen können, die keine Windkraftanlagen haben, dazu würde nach momentanem Stand beispielsweise ein Nationalpark gehören – so wie etwa die neu ausgewiesenen Areale im Hunsrück oder im Nordschwarzwald. Fazit: Ein mit windkraftindustriellen Anlagen durchzogener Odenwald würde tourismuswirtschaftlich unaufhaltsam auf der Verliererseite stehen und einen großen Teil seiner Gästezahlen an Windpark-freie Regionen abtreten müssen, die den bekannten Reisemotiven Stille, Natur, naturnahe Landschaft usw. besser entsprechen.
Es zeugt wohl von Unwissenheit, wenn man einen Windpark im Kontext flächendeckender Landschaftsverschandelung als „energietouristisch“ attraktiv darstellen möchte, wie es immer wieder öffentlich geäußert wurde; die Zeit, als ein Windpark einmal eine technische Sehenswürdigkeit für interessierte Besucher darstellen konnte, ist durch die jetzige energiepolitische Massenentwicklung abgelaufen.
Fotomontage: Blick vom „Wanderparkplatz“ Brummerskreuz in Waldbrunn (Vorlage: Fuckert) – Schreiten Landschaftsverschandelung und Flächenverbrauch nun auch im Hohen Odenwald voran?
Ein weiteres Problem, das sich mit der Zerstörung naturnaher Lebensräume verzahnt, ist der Flächenverbrauch, auch in ländlichen Gebieten: „Im Jahr 2012, wurde täglich eine Fläche von 6,7 Hektar für Baumaßnahmen beansprucht. Das entspricht einem Jahreszuwachs an Siedlungs- und Verkehrsfläche in der Größenordnung von rund 3 500 Fußballplätzen (70m x 100m). (…) 2006 und 2007 steht wieder für einen Anstieg des Flächenverbrauchs, ebenso das Jahr 2012″, so geht es aus der Statistik des Baden-Württembergischen Landesamtes hervor.
Auch die Metropolregion Rhein-Neckar bezieht hier eigentlich eine klare Position: „Die entsprechenden Planinhalte des Einheitlichen Regionalplans sollen insbesondere den noch immer anhaltenden Flächenverbrauch eindämmen und dadurch die nur begrenzt verfügbaren natürlichen Ressourcen langfristig sichern.“
Mitten in unseren naturnahen ländlichen Wäldern soll nun zur ohnehin gravierenden Problematik ein weiterer, diesmal energiepolitisch „ausgeklügelter“ Flächenverbrauch durch die Einrichtung von Vorrangflächen für industrielle Windenergieanlagen kommen! Zwölf Windkraftanlagen in Markgrafenwald und Augstel würden über 4 ha Wald in Anspruch genommen; hinzu kommen massive Rodungen für den Wegeausbau, um Schwertransporte zu ermöglichen, für das erforderliche Umspannwerk usw. In einem Gutachten, das die IHO im Jahr 2013 in Auftrag gab, heißt es: „Eine Windkraftanlage überstreicht eine Fläche von 10.715 m². Bei zwölf Anlagen ergibt sich daraus eine [von den Rotoren, Anm. d. Verf.] überstrichene Gesamtfläche von 128.580 m² bzw. 12,8 ha„, also über 20 durchschnittlich große Fußballfelder.
Ein „Windpark“ wie der im Markgrafenwald lässt sich nicht in seine Einzelstandorte aufteilen, so als wäre zwischen den über 200 m hohen Maschinen und ihren im Durchmesser rund 120 Meter messenden Rotoren noch ein naturnaher Wald wahrnehmbar. Landschaftspsychologisch würde die gesamte Windfarmfläche als technisiertes Gelände wahrgenommen. Nicht zuletzt durch die enorme Schallimmission. Selbst wenn die gerodeten Waldflächen dann durch gesetzliche Eingriffsregelung anderswo neu geschaffen werden könnten, so betrifft der Flächenverbrauch eine Gesamtfläche von rund 150 ha – und das allein für diese Vorrangfläche auf dem Waldbrunner und Eberbacher Bergrücken, die aus ihrer bisherigen Waldfunktion heraus genommen und in eine Industriestätte umfunktioniert wäre. Dieses Ausmaß an zusätzlichem Flächenverbrauch würde sich durch die derzeitigen energiepolitischen Ziele flächenhaft im Odenwald und in allen Mittelgebirgen fortsetzen.
Lassen Sie sich die Ausmaße einmal vor dem geistigen Auge erscheinen: „Schon das Fundament der E-126 soll 3500 Tonnen wiegen. Darauf ein hundertdreißig Meter hoher Turm aus Stahlbeton, macht noch mal 2800 Tonnen. Maschinenhaus und Generator werden mit fast 320 Tonnen zu Buche schlagen, die Nabe mit Flügeln nochmal so viel – Werte wie bei einem Fernsehturm. Eine 200 Meter hohe Windkraftanlage mit 7000 Tonnen Gesamtgewicht.“ Quelle: 3sat
Historischer Blick zwischen Höllbachtal und Reisenbachtal, rechts im Bild der Anstieg vom Eberbacher Augstel zum Waldbrunner Markgrafenwald. – Kulturlandschaften haben sich immer verändert, aber gegenwärtig stehen uns neue, bislang undenkbare Dimensionen einer Industrialisierung ländlicher Regionen bevor. Zu welchen Opfern sind wir bereit? Und wem oder was dient die Landschaftsverschandelung wirklich?
Textbaustein: Hahl, etwa 2014
Natur- und Artenschutz: Nachweis von Schwarzstorch & Co.
Hinweis: Auch dieser Textbaustein stammt bereits aus 2014. Aktuelle Beiträge und Erläuterungen entnehmen Sie bitte dem Menüpunkt „Aktuelles (Weblog“).
Im Jahr 2014 hat die IHO durch Beauftragung eines renommierten Gutachterbüros den Nachweis erbracht, dass in unmittelbarer Nachbarschaft rund um das projektierte Vorhaben „Windpark Markgrafenwald“nicht nur mehrere Revier-Brutpaare des Scharzstorches vorkommen, sondern zudem viele weitere Brutreviere windkraftrelevanter Greifvogelarten. Aktuell wurden Gutachten und begleitende Rechtsanwaltschreiben an die Naturschutzbehörden und Naturschutzverbände geleitet, um ins artenschutzrechtliche Genehmigungungsverfahren einzufließen. Nach wie vor ist zudem die Problematik mit fünfzehn Fledermausarten im Planungsgebiet nicht zu unterschätzen.
Durch die gutachterlichen Belege wurden die älteren Einträge unter diesem Menüpunkt mittlerweile noch weit übertroffen: Wo man sich zur Zeit, als der nachfolgende Beitrag verfasst wurde, noch vorsichtig ausdrücken wollte (siehe nachfolgender Beitrag), ist das projektierte Gelände mittlerweile zweifellos als Biodiversitäts-Hotspot mehrerer windkraftsensibler Anhang-1-Arten der europäischen Vogelschutzrichtlinie nachgewiesen. Weitere Informationen dazu folgen, siehe dazu auch Menüpunkt „Aktuelles (Weblog)“.
Wenn eine Windpark-Planung wie die im Markgrafenwald mit über 200 m hohen Windkraftanlagen nicht davor Halt macht, dass in diesem Waldgebiet allein 15 Fledermausarten heimisch sind und seit einigen Jahren auch der streng geschützte Schwarzstorch nachweislich seltenen Lebensraum, ein Nahrungshabitat und einen bedeutenden Zugkorridor nutzt, dann müsste in unseren Zeiten massiven Artensterbens aufgrund immer weiter fortschreitender Lebensraumzerstörung und Habitatzerschneidung ein Aufschrei der Empörung durch die Reihen „grün“ denkender Naturschützer gehen.
Der Markgrafenwald und das benachbarte Waldgebiet Augstel, letzteres als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen, bieten offensichtlich durch ihre Lage zwischen drei naturnahen Bachtälern und FFH-Fließgewässern sowie durch den trotz Forstwirtschaft immer noch relativ naturnahen Zustand des Waldökosystems auf dem Bergrücken eine wertvolle ökologische Nische. Auch der seltene und streng geschützte Schwarzstorch nutzt sie. Um einen Horst – also das relativ große Nest des Schwarzstorchs – ist aus gutem Grund ein Abstand von drei Kilometer zur nächsten Windkraftanlage gesetzlich vorgeschrieben (Anmerkung: ethoökologisch nicht nachvollziehbar mittlerweile auf 1 km reduziert, Stand 2023). Ein Horst ist schwer auffindbar, doch das Planungsgebiet ist als Lebensraum, Ruhestätte und Nahrungshabitat für den Schwarzstorch belegt und gesichert. Die Anzeichen dafür sind eindeutig und durch eine im Oktober 2013 vorgelegte Dokumentation der lokalen Schwarzstorch-Vorkommen belegt, die aufgrund zahlreicher Sichtungsnachweise vom Regionalkoordinator Neckar-Odenwald-Kreis der Ornithologischen Gesellschaft Baden-Württemberg (OGBW) gewissenhaft zusammengestellt wurde. Seither gingen weitere, von Augenzeugen schriftlich bestätigte Rückmeldungen über Schwarzstorch-Sichtungen im Verlauf der Spätsommerwochen bei uns ein, die das Höllbachtal als auch die angrenzende Mudauer Gemarkung betreffen, auch Überflüge über den Markgrafenwald sind belegt.
Bereits im Jahr 2012 beschrieb der NABU Eberbach den Bereich Augstel, also die nordwestliche Fortführung des „Markgrafenwaldes“ auf Eberbacher Gemarkung wie folgt: „Augstel und das angrenzende Tal des Reisenbachs gehören zum Brut- und Nahrungsrevier eines Schwarzstorchpaares. Erst in den letzten 10 Jahren (Anmerkung: nach aktuellem Stand also etwa ab Jahrtausendwende, Stand 2023) kam es durch verstärkte Schutzmaßnahmen wieder zur allmählichen Besiedlung einiger Mittelgebirge Süddeutschlands. Der Schwarzstorch benötigt für seine Ansiedlung störungsarme Waldgebiete mit alten Bäumen zur Horstanlage. Daneben sind naturnahe, ungestörte Gewässer (Bachläufe, Tümpel) zur Nahrungssuche notwendig. Im Odenwald werden die letzten fünf Jahre einzelne Schwarzstörche zur Brutzeit beobachtet. Bedingt durch die Heimlichkeit und Störanfälligkeit ist von einer intensiven Horstsuche zur Brutzeit abzusehen. Einen indirekten Brutnachweis stellen aber die Beobachtung von Balzflügen im Augstel im Frühjahr 2012 und die regelmäßige Beobachtung der Vögel bei der Nahrungssuche im Reisenbachtal im Sommer 2012 dar.“
Einmal „verscheuchte“ Tiere weichen nicht einfach ins nächste Waldstück aus. Ein Verlust an Brut- und Nahrungshabitaten und die Scheuchwirkung durch Lärm und Rotorenbetrieb, letztlich natürlich auch die Kollision mit Todesfolge, sorgen für ein schnelles Ende der Populationsbildung. Das Bundesnaturschutzgesetz beschreibt unter Kapitel 5 – Schutz der wild lebenden Tier- und Pflanzenarten, ihrer Lebensstätten und Biotope (§§ 37 – 55), hier § 44, Abs. 3, wie folgt: „Es ist verboten, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören.“ Ein „Ausweichen“ von Tieren mit spezifischen Fortpflanzungsstätten, ohne dass andernorts geeignete Habitatbedingungen neu geschaffen oder optimiert werden, sei i. d. R. nicht möglich. Im Allgemeinen werde dies schon dadurch offenkundig, dass anderweitige Flächen nicht bereits besiedelt wurden. Quelle: Umweltministerium Baden-Württemberg (Folie 28)
Schwarzstorch im Reisenbacher Grund, Aufnahme: K. Ried-Ziegler, Mai 2013 – Vielversprechendes Schwarzstorcherwartungsland rund um den Markgrafenwald oder Subventionen für den Artenschwund?
An dieser Stelle wurde für’s Erste nur auf den Schwarzstorch eingegangen; unsere artenschutzrechtlichen Bedenken bzgl. der Windparkplanungen betreffen selbstverständlich auch andere stark bedrohte, „windkraftrelevante“ Vögel, bspw. den vor Ort ebenfalls (noch!) präsenten Rotmilan, den Wespenbussard, den Kolkraben u.a.m. sowie die generell unter Schutz stehenden Fledermausarten, denen vor allem das Barotrauma mit inneren Blutungen, ausgelöst durch abrupten Umgebungsdruck an den rasenden Rotoren, zum Verhängnis wird. Vorab sei hier auf ein Expertenpapier der „BAG Fledermausschutz“ verwiesen, das pauschalisierte Abschaltalgorithmen ohne eingehendes Monitoring ablehnt (S. 3) und im Fazit u.a. fordert, „dass Windenergieplanung in Gebieten mit hoher Fledermausaktivität und insbesondere im Wald nur dann erfolgen kann, wenn keine naturschutzfachlich unbedenklichen Offenlandstandorte mehr zur Verfügung stehen.“
Unserer Einschätzung nach ginge eine Vervielfachung der Windkraft auch in den waldreichen Mittelgebirgen unausweichlich mit einer Artenschutzkrise einher, die bislang weder kalkulierbar noch kontrollierbar ist. „Die biologische Vielfalt ist das vielleicht wichtigste Gut unseres Planeten. Sie umfasst die Bandbreite an Ökosystemen und Lebensräumen, die Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten sowie die genetische Vielfalt innerhalb der verschiedenen Arten“, schreibt der WWF. Die Rote Liste zeigt für Deutschland den dramatischen Rückgang der biologischen Vielfalt an: 36 Prozent der einheimischen Tierarten seien bedroht, 3 Prozent ausgestorben oder verschollen; über 70 Prozent der Lebensräume werden als „gefährdet“ eingestuft. „Deutschland erreicht mit diesen Gefährdungsraten mit die höchsten Werte in Europa. Unsere Landschaften sind kulturell und technologisch extrem überformt. Sie bieten nur noch vereinzelt und auf kleinen Flächen ein reichhaltiges Naturerbe.“
Dieser Status ist und bleibt alarmierend – und es wäre eine Schande für die heutige Generation, würde man nicht gerade auch vor der eigenen Haustür alles unternehmen, um diese schreckliche Entwicklung hier und jetzt umzukehren! „Ich habe es nicht gewusst“, lautet der Titel eines zeitkritischen Buches; und was werden Sie einst ihren Enkeln und Kindern antworten? Haben Sie es gewusst?
Ein Windpark Markgrafenwald (aktuell Wp. Waldbrunn, Stand 2023) unterwandert offenkundig den Anspruch des Schutzes der Biodiversität; er symbolisiert vielmehr Lebensraumzerstörung, Artenrückgang und nicht zuletzt eine gewisse Ignoranz angesichts einiger der gravierendsten Probleme unserer Zeit, insbesondere die Erhaltung der Lebensräume und Artebvielfalt betreffend. Man lässt sich offenbar „ruhig stellen“ mit fragwürdigen, nicht nachweisbar zielführenden „Abschaltalgorithmen“, deren Installation wenigstens ein eindeutiges Monitoring über Flugverhalten von Fledermäusen und Vögeln voraussetzen müsste, doch selbst das wird zugunsten einer subventionsgetrieben übereilten Planung sträflich vernachlässigt. Zudem kaschiert ein scheinbar funktionierendes System der Eingriffsregelung, verknüpft mit Ökokonten und Ausgleichszahlungen, das Problem der Lebensraumzerstörung, denn wie das Beispiel Schwarzstorch zeigt, ist es nicht ohne Weiteres möglich, ähnliche Habitatbedingungen einfach andernorts zu schaffen.
Die Energiewende wäre vielleicht ein hehres Ziel; die Art und Weise aber, wie man ihre Umsetzung gegenwärtig vorsieht, kann sich dagegen verheerend für Landschaft, Natur und Mensch auswirken. Die Aussicht aufs schnelle Geld und eine fragwürdige Imagekommunikation, die Klimawandel und Energiewende instrumentalisiert, um neue kapitalistische Strukturen zu sichern, beschränken den Blick auf andere wesentliche Themen unserer Zeit. Wer Klimaschutz betreiben will, aber die Augen vor Natur- und Artenschutz verschließt, handelt im Sinne einer nachhaltigen, also zukunftsfähigen Entwicklung politisch nicht akzeptabel.
Dabei muss man sich klar darüber sein, dass es eben nicht nur um den ein oder anderen Standort für die Windenergie geht, wie es lokal manchmal den Anschein hat, sondern dass wir geradewegs dabei sind, die naturnahen Rückzugsräume für Biodiversität flächendeckend zu vernichten. Das kann nicht ohne Auswirkungen für die ökologische Entwicklung bleiben. In windschwachen Gebieten, wie dies für die meisten deutschen Mittelgebirge zutrifft, bedeutet die derzeitige Planung der Windenergie an etlichen naturnahen Standorten – neben Flächenverbrauch und Landschaftszerschneidung – einen weiteren Todesstoß für die Artenvielfalt.
Daher: Windkraft: nur da, wo sie hinpasst, am besten gar nicht im Wald!
Impression aus dem Markgrafenwald, Aufnahme: September 2013 – Industrialisierung eines landschaftlichen Kleinods?
Textbaustein: Hahl, etwa 2014
Natur- und Artenschutz: Nachweis von Schwarzstorch & Co.
Hinweis: Auch der nachfolgende Textbaustein stammt bereits aus 2014. Stets aktuelle Beiträge finden Sie auf der Startseite bzw. im „Weblog“.
Im Jahr 2014 hat die IHO durch Beauftragung eines renommierten Gutachterbüros den Nachweis erbracht, dass in unmittelbarer Nachbarschaft rund um das projektierte Vorhaben „Windpark Markgrafenwald“nicht nur mehrere Revier-Brutpaare des Scharzstorches vorkommen, sondern zudem viele weitere Brutreviere windkraftrelevanter Greifvogelarten. Aktuell wurden Gutachten und begleitende Rechtsanwaltschreiben an die Naturschutzbehörden und Naturschutzverbände geleitet, um ins artenschutzrechtliche Genehmigungungsverfahren einzufließen. Nach wie vor ist zudem die Problematik mit fünfzehn Fledermausarten im Planungsgebiet nicht zu unterschätzen.
Durch die gutachterlichen Belege wurden die älteren Einträge unter diesem Menüpunkt mittlerweile noch weit übertroffen: Wo man sich zur Zeit, als der nachfolgende Beitrag verfasst wurde, noch vorsichtig ausdrücken wollte (siehe nachfolgender Beitrag), ist das projektierte Gelände mittlerweile zweifellos als Biodiversitäts-Hotspot mehrerer windkraftsensibler Anhang-1-Arten der europäischen Vogelschutzrichtlinie nachgewiesen. Weitere Informationen dazu folgen, siehe dazu auch Menüpunkt „Aktuelles“.
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Wenn eine Windpark-Planung wie die im Markgrafenwald mit derzeit zwölf 200 m hohen Windkraftanlagen nicht davor Halt macht, dass in diesem Waldgebiet allein 15 Fledermausarten heimisch sind und seit einigen Jahren auch der streng geschützte Schwarzstorch nachweislich seltenen Lebensraum, ein Nahrungshabitat und einen bedeutenden Zugkorridor nutzt, dann müsste in unseren Zeiten massiven Artensterbens aufgrund immer weiter fortschreitender Lebensraumzerstörung ein Aufschrei der Empörung durch die Reihen „grün“ denkender Naturschützer gehen.
Der Markgrafenwald und das benachbarte Waldgebiet Augstel, letzteres übrigens als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen, bieten offensichtlich durch ihre Lage zwischen zwei naturnahen Bachtälern und durch die relative Unberührtheit des Waldökosystems auf dem Bergrücken eine wertvolle ökologische Nische. Auch der seltene und stark geschützte Schwarzstorch nutzt sie. Um einen Horst – also das relativ große Nest des Schwarzstorchs – ist aus gutem Grund ein Abstand von drei Kilometer zur nächsten Windkraftanlage gesetzlich vorgeschrieben. Ein Horst ist schwer auffindbar, doch das Planungsgebiet ist als Lebensraum, Ruhestätte und Nahrungshabitat für den Schwarzstorch belegt und gesichert. Die Anzeichen dafür sind eindeutig und durch eine im Oktober 2013 vorgelegte Dokumentation der lokalen Schwarzstorch-Vorkommen belegt, die aufgrund zahlreicher Sichtungsnachweise vom Regionalkoordinator Neckar-Odenwald-Kreis der Ornithologischen Gesellschaft Baden-Württemberg (OGBW) gewissenhaft zusammengestellt wurde. Seither gingen weitere, von Augenzeugen schriftlich bestätigte Rückmeldungen über Schwarzstorch-Sichtungen im Verlauf der Spätsommerwochen bei uns ein, die das Höllbachtal als auch die angrenzende Mudauer Gemarkung betreffen, auch Überflüge über den Markgrafenwald sind belegt.
Bereits im Jahr 2012 beschrieb der NABU Eberbach den Bereich Augstel, also die nordwestliche Fortführung des „Markgrafenwaldes“ auf Eberbacher Gemarkung wie folgt: „Augstel und das angrenzende Tal des Reisenbachs gehören zum Brut- und Nahrungsrevier eines Schwarzstorchpaares. … Erst in den letzten 10 Jahren kam es durch verstärkte Schutzmaßnahmen zu einer Besiedlung einiger Mittelgebirge Süddeutschlands. … Der Schwarzstorch benötigt für seine Ansiedlung störungsarme Waldgebiete mit alten Bäumen zur Horstanlage. Daneben sind naturnahe, ungestörte Gewässer (Bachläufe, Tümpel) zur Nahrungssuche notwendig. Im Odenwald werden die letzten fünf Jahre einzelne Schwarzstörche zur Brutzeit beobachtet. Bedingt durch die Heimlichkeit und Störanfälligkeit ist von einer intensiven Horstsuche zur Brutzeit abzusehen. … Einen indirekten Brutnachweis stellen aber die Beobachtung von Balzflügen im Augstel im Frühjahr 2012 und die regelmäßige Beobachtung der Vögel bei der Nahrungssuche im Reisenbachtal im Sommer 2012 dar.“ (Nicht nachvollziehbar ist aus unserer Sicht, warum vom NABU Ortsverband Waldbrunn bis heute, Stand 25.11.2013, noch keine Stellungnahme zum Schwarzstorchvorkommen im Bereich des Markgrafenwaldes und der angrenzenden Bachtäler öffentlich bekannt wurde; vom örtlichen Repräsentanten des Naturschutzverbands sollte hier eine transparente, fundierte Darlegung erfolgen, die vor Ort aber offenkundig stattdessen von der IHO erfolgen muss.)
Erst einmal „verscheuchte“ Tiere weichen nicht einfach ins nächste Waldstück aus. Ein Verlust an Brut- und Nahrungshabitaten und die Scheuchwirkung durch Lärm und Rotorenbetrieb, letztlich natürlich auch die Kollision mit Todesfolge, sorgen für ein schnelles Ende der Populationsbildung. Das Bundesnaturschutzgesetz beschreibt unter Kapitel 5 – Schutz der wild lebenden Tier- und Pflanzenarten, ihrer Lebensstätten und Biotope (§§ 37 – 55), hier § 44, Abs. 3, wie folgt: „Es ist verboten, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören.“ Ein „Ausweichen“ von Tieren mit spezifischen Fortpflanzungsstätten, ohne dass andernorts geeignete Habitatbedingungen neu geschaffen oder optimiert werden, sei i. d. R. nicht möglich. Im Allgemeinen werde dies schon dadurch offenkundig, dass anderweitige Flächen nicht bereits besiedelt wurden. Quelle: Umweltministerium Baden-Württemberg (Folie 28)
Schwarzstorch im Reisenbacher Grund, Aufnahme: K. Ried-Ziegler, Mai 2013 – Vielversprechendes Schwarzstorcherwartungsland rund um den Markgrafenwald oder Subventionen für den Artenschwund?
An dieser Stelle wurde fürs Erste nur auf den Schwarzstorch eingegangen; unsere artenschutzrechtlichen Bedenken bzgl. der Windparkplanungen betreffen selbstverständlich auch andere stark bedrohte, „windkraftrelevante“ Vögel, bspw. den vor Ort ebenfalls (noch!) präsenten Rotmilan, den Kolkraben u.a.m. sowie die generell unter Schutz stehenden Fledermausarten, denen vor allem das Barotrauma mit inneren Blutungen, ausgelöst durch abrupten Umgebungsdruck an den rasenden Rotoren, zum Verhängnis wird. Vorab sei hier auf ein Expertenpapier der „BAG Fledermausschutz“ verwiesen, das pauschalisierte Abschaltalgorithmen ohne eingehendes Monitoring ablehnt (S. 3) und im Fazit u.a. fordert, „dass Windenergieplanung in Gebieten mit hoher Fledermausaktivität und insbesondere im Wald nur dann erfolgen kann, wenn keine naturschutzfachlich unbedenklichen Offenlandstandorte mehr zur Verfügung stehen.“
Unserer Einschätzung nach ginge eine Vervielfachung der Windkraft auch in den waldreichen Mittelgebirgen unausweichlich mit einer Artenschutzkrise einher, die bislang weder kalkulierbar noch kontrollierbar ist. „Die biologische Vielfalt ist das vielleicht wichtigste Gut unseres Planeten. Sie umfasst die Bandbreite an Ökosystemen und Lebensräumen, die Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten sowie die genetische Vielfalt innerhalb der verschiedenen Arten“, schreibt der WWF. Die Rote Liste zeigt für Deutschland den dramatischen Rückgang der biologischen Vielfalt an: 36 Prozent der einheimischen Tierarten seien bedroht, 3 Prozent ausgestorben oder verschollen; über 70 Prozent der Lebensräume werden als „gefährdet“ eingestuft. „Deutschland erreicht mit diesen Gefährdungsraten mit die höchsten Werte in Europa. Unsere Landschaften sind kulturell und technologisch extrem überformt. Sie bieten nur noch vereinzelt und auf kleinen Flächen ein reichhaltiges Naturerbe.“
Dieser Status ist und bleibt alarmierend – und es wäre eine Schande für die heutige Generation, würde man nicht gerade auch vor der eigenen Haustür alles unternehmen, um diese schreckliche Entwicklung hier und jetzt umzukehren! „Ich habe es nicht gewusst“, lautet der Titel eines zeitkritischen Buches; und was werden Sie einst ihren Enkeln und Kindern antworten? Haben Sie es gewusst?
Ein Windpark Markgrafenwald unterwandert die Biodiversität; er steht für Lebensraumzerstörung, Artensterben, Ignoranz angesichts eines der gravierendsten Probleme unserer Zeit. Man lässt sich offenbar „ruhig stellen“ mit fragwürdigen, nicht nachweisbar zielführenden „Abschaltalgorithmen“, deren Installation wenigstens ein eindeutiges Monitoring über Flugverhalten von Fledermäusen und Vögeln voraussetzen müsste, doch selbst das wird zugunsten einer subventionsgetrieben übereilten Planung sträflich vernachlässigt. Zudem kaschiert ein scheinbar funktionierendes System der Eingriffsregelung, verknüpft mit Ökokonten und Ausgleichszahlungen, das Problem der Lebensraumzerstörung, denn wie das Beispiel Schwarzstorch zeigt, ist es nicht ohne Weiteres möglich, ähnliche Habitatbedingungen einfach andernorts zu schaffen.
Die Energiewende wäre ein hehres Ziel; die Art und Weise, wie man ihre Umsetzung gegenwärtig vorsieht, kann sich dagegen verheerend für Landschaft, Natur und Mensch auswirken. Die Aussicht aufs schnelle Geld und eine fragwürdige Imagekommunikation, die Klimawandel und Energiewende instrumentalisiert, um neue kapitalistische Strukturen zu sichern, beschränken den Blick auf andere wesentliche Themen unserer Zeit. Wer Klimaschutz betreiben will, aber die Augen vor Natur- und Artenschutz verschließt, handelt im Sinne einer nachhaltigen, also zukunftsfähigen Entwicklung politisch nicht akzeptabel.
Dabei muss man sich klar darüber sein, dass es eben nicht nur um den ein oder anderen Standort für die Windenergie geht, wie es lokal manchmal den Anschein hat, sondern dass wir geradewegs dabei sind, die naturnahen Rückzugsräume für Biodiversität flächendeckend zu vernichten. Das kann nicht ohne Auswirkungen für die ökologische Entwicklung bleiben. In windschwachen Gebieten, wie dies für die meisten deutschen Mittelgebirge zutrifft, bedeutet die derzeitige Planung der Windenergie an etlichen naturnahen Standorten – neben Flächenverbrauch und Landschaftszerschneidung – einen weiteren Todesstoß für die Artenvielfalt.
Daher: Windkraft: nur da, wo sie hinpasst, am besten gar nicht im Wald. Kein Windpark im Markgrafenwald!
Impression aus dem Markgrafenwald, Aufnahme: September 2013 – Industrialisierung eines landschaftlichen Kleinods?
Textbaustein: Hahl, verfasst 2014
Umweltschutz, Immissionsschutz und Gesundheit: Schall, optische Bedrängnis. Waldbrandrisiko u. mehr
Hinweis: Auch der nachfolgende Textbaustein stammt bereits aus 2014. Aktuelle Beiträge finden Sie auf der Startseite bzw. im „Weblog“.
Zum Thema „Gesundheit“ haben wir mittlerweile einen eigenen Menüpunkt eingerichtet – schauen Sie bitte auch dort (siehe Startseite). – An dieser Stelle nun einige grundsätzliche Angaben zu diesem Themenfeld:
Windenergieanlagen erzeugen neben hörbarem Störschall auch nicht hörbaren Infraschall und tieffrequenten Schall. In einem vierseitigen Thesenpapier (vom 19. Nov. 2014) geben Dr. med. Dorothea Fuckert und Dr. med. Manfred Fuckert einen Überblick zur hierzu reichlich erschienenen – hauptsächlich englischsprachigen – Fachliteratur. Lapidare Aussagen, dass diese tieffrequenten Geräusche unter der Wahrnehmungsschwelle des Menschen liegen und deshalb unschädlich seien, können auf der Grundlage vorhandener Studien nicht akzeptiert werden. Die verantwortlichen Behörden stehen nach unserer Einschätzung in der Pflicht, entsprechende Rücksichtnahme und Vorsorge walten zu lassen, damit mögliche Auswirkungen auf die Gesundheit des Menschen nicht ignoriert und bereits vorliegende Berichte von Anwohnern zu ihren Beschwerden ernst genommen werden. – Hier lesen Sie mehr: Gesundheitsrisiken ILFN WEA Drs M u D Fuckert 2014
„Eines Tages wird der Mensch den Lärm ebenso unerbittlich bekämpfen müssen, wie die Cholera und die Pest.“ (Robert Koch, 1910)
Hörbarer Störschall und Infraschall
Beim vor allem nächtlich sehr geringen Ruhepegel in ländlichen Siedlungsgebieten wirkt sich Störschall durch Windkraftanlagen massiv auf Lebensqualität und Gesundheit aus. Es geht dabei nicht nur um das Gehör an sich, sondern um Störungen des Stresshormonhaushalts. Aus Nachtfluguntersuchungen ist bekannt, dass „Lärmbelastung im Schlaf (…) als besonders kritisch“ gilt. So könne nächtlicher Lärm bereits bei Einzelpegeln ab 40 dB(A) auf Dauer zu Gesundheitsgefährdungen führen, wenn sich die Einzelpegel um mehr als 3 dB vom Geräuschhintergrund unterscheiden. Nach übereinstimmenden wissenschaftlichen Untersuchungen wird eine Erhöhung um 10 dB als Verdopplung der Lautstärke empfunden.“ (wikipedia, Stichwort „Lärm“) In den Wohngebieten rund um einen „Windpark Markgrafenwald“ wären Pegelerhöhungen von über 20 dB(A) zu erwarten.
Hinzu kommen alarmierende medizinische Hinweise, dass auch tieffrequenter Schall bzw. Infraschall zu negativen gesundheitlichen Auswirkungen führen kann, bspw. Überdruck in der Hörschnecke oder eine Stimulation des Unterbewusstseins. Symptome wie Pulsation, Unwohlsein, Stress, Unsicherheit, Gleichgewichtsstörungen, Schwindel, Übelkeit, „Seekrankheit“, Tinnitus, Druckgefühl im Ohr, Schlafstörungen, Panik, Blutdruckanstieg und Konzentrationsstörungen können die Folge sein.
Es gibt zum Infraschall durch Windkraftanlagen konträre Positionen; warnende Stimmen werden im Zuge politischer Ideologie meist leichtfertig als „Panikmache“ abgetan. Seit einiger Zeit beschäftigt sich das Ärzteforum Emissionsschutz sowie eine Arbeitsgemeinschaft aus Medizinern und Wissenschaftlern (aus Hessen, Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Bayern, Brandenburg, Berlin, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen) kritisch mit Windkraftanlagen und ihren Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit. In einem Schreiben der länderübergreifenden ärztlichen Arbeitsgemeinschaft heißt es, die „… Machbarkeitsstudie zu Wirkungen von Infraschall des Bundesumweltministeriums untersucht seit 2011, wie Infraschall und seine medizinischen Wirkungen gemessen und beurteilt werden können. Abschließende Ergebnisse stehen immer noch aus. Bereits jetzt ist aber ein Ergebnis sicher: dass erst 2000 Meter Abstand zur Windkraft-Emissionsquelle eine größere, aber nicht absolute Sicherheit vor emissionsbedingten Gesundheitssschäden bietet. …“ Wir legen Ihnen dringend ans Herz, sich über folgende Auswahl von pdf-Dateien (Links anklicken) über das Risiko Infraschall durch Windkraftanlagen ausgiebig zu informieren: Ärzteforum Emissionsschutz Übersicht – Ärzteforum Off. Brief an Seehofer 02.02.14 – Ärzteforum zu Abstandsregelungen – Infraschall und TA Lärm – Infraschall Forschung Prof. Dr. A. Salt
Optische Bedrängnis – Lichtverschmutzung – Eiswurf – Waldbrandgefahr
Zu den erheblichen Auswirkungen von Windkraftanlagen zählt auch die optische Bedrängnis; sie gehört neben der Schallbelästigung zu den nicht zuletzt rechtlich relevanten Folgen. Lichtverschmutzung ist in waldnahen Regionen nicht zu unterschätzen. Eiswurf der Rotoren gefährdet nicht nur Wanderer im Winter.
Waldbrandrisiko durch Windradbrand – die völlig unterschätzte Gefahr der Windkraft im Wald? (Aufnahme: August 2000; John McColgan; public domain)
Unter Sicherheits- und Gesundheitsaspekten fällt zudem die geradezu groteske Vernachlässigung des sommerlichen Waldbrandrisikos durch Windradbrand bei Windkraftanlagen über Wald auf. Was schon auf freiem Feld nur noch das so genannte „kontrollierte Abbrennenlassen“ entflammter Rotoren zulässt (Merke: „Ein kontrolliertes Abbrennenlassen ist mit einem ordnungsgemäßen Brandschutz nicht zu vereinbaren.“ Quelle: Rechtslupe) würde bei derselben Form praktizierter Hilflosigkeit angesichts eines Windradbrands im Markgrafenwald zu unkalkulierbaren Folgen auch für die angrenzenden Waldbrunner, Mudauer und Eberbacher Ortsteile führen. Bezüglich Brandrisiko und anderer Schäden sei hier bspw. auf die sehr informative Website der BI Birkenau verwiesen: http://www.windparkbirkenau.de/?p=951
Textbaustein: Hahl, etwa 2014