„Macht der Vogelschutz der Windkraft den Garaus?“, fragt die Stuttgarter Zeitung in ihrem Artikel zu einem neuen Leitfaden der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz (LUBW). Solche haarsträubenden Befürchtungen äußere demnach der Bundesverband Windenergie angesichts eines Papiers, das kurz vor der Beschlussfassung stehe. „Hinweise zur Bewertung und Vermeidung von Beeinträchtigungen von Vogelarten bei Bauleitplanung und Genehmigung für Windenergieanlagen“, lautet der Titel. Darin werden Dichtezentren für geschützte und windkraftsensible Vogelarten – allen voran der Rotmilan – aufgeführt.
Man darf gespannt und sicherlich auch skeptisch sein, ob sich hierdurch ausreichend geschützte Bereiche ableiten lassen und ob dies zu einer wenigstens gelinden Abschwächung eines blutigen Trends führen kann, denn selbst vor unseren europäischen Vogelschutzgebieten macht der inflationäre Windenergieausbau unserer ländlichen Kulturlandschaften und Waldökosysteme ja längst nicht mehr Halt. Bisher sieht die Sache nämlich ganz anders aus in Deutschland: Die Windkraft macht allenthalben dem Vogelschutz den Garaus!
Neu definierte Dichtezentren können vielleicht dazu beitragen, letzte „Oasen“ eines Artenschutzes für – wohlgemerkt! – geschützte EU-Vogelarten wie den Rotmilan zu sichern. Zuvorderst gewährleisten sie ein Plus an Planungssicherheit auf dem äußerst fragwürdigen Weg der Windenergieindustrialisierung all jener etwas weniger „dicht“ besetzten Lebensräume. Das heißt dann leider auch, dass alle diejenigen Habitate, die bei bereits erfolgten Kartierungen durch ein grobes Raster gefallen sind, als Windenergie-Standorte zur Verfügung stehen sollen. Grundlage dürfte die landesweite Rotmilan-Kartierung sein, die durchaus kritisch zu bewerten ist, nicht zuletzt deshalb, weil sie die Raumutzung und Dynamik dieser EU-Vogelart nicht ausreichend berücksichtigt (vgl. http://www.hoher-odenwald.de/stellungnahme-zur-rotmilan-kartierung-der-lubw/).
Fazit: Ob eine solche Vorgehensweise rechtskonform – vor allem in Bezug auf das EU_Artenschutzrecht – und gerichtssicher ist, muss sich erst noch zeigen. Zweifel sind angebracht! Die alarmierende Zerschneidung und Zerstückelung von Gesamtlebensräumen, „home ranges“ und artspezifischen Funktionsräumen kann auf diese Weise jedenfalls nicht verhindert werden. Die oben genannten Befürchtungen des Bundesverbands Windenergie zeigen offenbar vor allem eines: wie meilenwert entfernt das Rentabilitätsstreben des Windenergieausbaus vom Arten- und Naturschutz steht!
Autor: Michael Hahl M.A., Geograph